Erfolgreicher Arzt – und die „völlig überraschende" Zahlungsunfähigkeit!

Erfolgreicher Arzt – und die „völlig überraschende“ Zahlungsunfähigkeit!

„Wir müssen die Dinge vom Ende her denken“, pflegte Joschka Fischer immer zu sagen – bei den alten Römer hieß dies schöner formuliert, „Quidquid agis, prudenter agas et respice finem“. Dies sollte eigentlich ganz besonders für das Ausgabeverhalten vieler Ärzte, Zahnärzte und Apotheker gelten! Illiquidität ist der Tod des Unternehmers – und Rücklagen sind sein „Speck“ von dem er in schwierigen Zeiten zehren kann (und das galt schon vor Corona).  Aber leider habe ich aktuell wieder eine ganze Reihe – an sich vermeidbare – Fälle von Zahlungsunfähigkeit! Und in all diesen Fällen fackeln das Finanzamt oder andere Gläubiger nicht lange – und die Gründe dafür sind denen völlig egal. Es droht also die Pleite oder zumindest die Abgabe an die Sanierungsabteilung der Bank!

Was ist der Hintergrund dafür?

Ganz einfach, die Tochter „brauchte unbedingt“ € 14.000,- für das Auslandsjahr im Studium, die Ehefrau „brauchte endlich“ das neue Schlafzimmer für € 15.000,-, der eigene runde Geburtstag „musste“ gebührend (€ 20.000,-) gefeiert werden oder die monatlichen Ausgaben für den „normalen“ Lebensstil, „den man sich doch mit harter Arbeit verdient zu haben glaubt“, lagen einfach mal € 44.000,- über der Summe der jährlichen Einnahmen.

In allen Fällen merkt man das erst ganz plötzlich, wenn eine große Zahlung , z. B. an das Finanzamt, ansteht – natürlich völlig überraschend („Der Steuerberater hat uns nicht vorgewarnt.“). Wenn die Kunden dann auch noch bis zum Ende der Vierwochenfrist warten, berauben sie ihren Banker jeder planvollen Handlungsoption!

Wir kann es zu diesen Situationen kommen?

Ganz einfach, es fehlt der Überblick über die eigenen Finanzen und der Wille sich mit etwas haushaltsplanmäßigem Denken und Handeln zu beschäftigen. – Stattdessen höre ich immer, „dazu sind wir nicht ausgebildet“ oder „das wäre sicher wichtig, aber dafür habe ich keine Zeit.“

Und meist kommt noch ein weiterer Faktor hinzu: „(Finanziell) Schwache Kunden haben in der Regel schwache Berater!“ Da wird kein regelmäßiges Gespräch anhand der aktuellen Praxiszahlen angeboten und auch nicht gesucht. Manchmal wird die ungeliebte Budgetplanung auch einfach nur dem neuen Ehepartner überlassen, der sich aber nicht auskennt.
(Und manche Kunden sind einfach nur beratungsresistent.)

Ganz schlimm wird es, wenn die überhöhten privaten Ausgaben nicht mehr nur vom Privatkonto getätigt werden, sondern zusätzlich auch noch viele der privaten Ausgaben ganz selbstverständlich vom Praxiskonto bezahlt werden! Dann merkt auch der Banker dies erst kurz bevor die Kreditlinie „voll“ ist und kein Geld mehr da ist, um die Gehälter des Personals zu bezahlen oder die Steuerzahlung.

Fällige Steuerzahlungen sind besonders brisant, da die Finanzämter bei Terminüberschreitung ganz schnell einen sog. „Pfändungs- und Überweisungsbeschluss“ an die Bank schicken – dann sind alle Konten eingefroren und es geht keine einzige Zahlung mehr raus! Das kann das Ende bedeuten.

Hinzu kommt, dass es zwei „Todsünden“ gibt, die alle Banken nur äußerst ungern finanzieren: Steuerzahlungen oder Überentnahmen! Und ganz wichtig ist, selbst wenn die Bank dazu bereit ist, muss die sog. „Kapitaldienstfähigkeit“ gegeben sein, d. h. es muss so viel Geld da sein, dass der Kunden die neuen Kreditraten auch bezahlen kann. Wenn das auch nicht gegeben ist, „dann gute Nacht!“


Was können Sie tun, damit Sie nie in diese Fallen tappen?

  • Erstellen Sie für sich anhand Ihrer Kontoauszüge für ein ganzes Jahr eine Übersicht über alle Ihre Einnahmen und v. a. Ihre Ausgaben (Ich weiß, das ist keine schöne Arbeit, aber sinnvoll und oft auch notwendig.).
  • Prüfen Sie, welche Ausgaben unbedingt notwendig sind? Versuchen Sie auch zukünftige Veränderungen einzukalkulieren: Welche Kreditraten fallen weg, oder wann beginnen die Kinder ihr Studium (rechnen Sie € 1.245,-/Monat bei auswärtiger Unterbringung).
  • Klären Sie, ob Sie mit Ihren Steuerzahlungen auf dem Laufenden sind? Und mit der Ärzteversorgung?
  • Legen Sie den Betrag fest, den Sie monatlich auf Ihr Steuerrücklagenkonto ansparen müssen (bei z.B. € 204.000,- Gewinn fallen viermal € 17.000,- Vorauszahlungen pro Jahr an. D. h. Sie müssen mindestens monatlich rd. € 5.670,- zurücklegen – besser aber den doppelten Betrag, da meist drei Steuerbescheide auf einmal kommen.)
  • Stellen Sie fest, wie hoch die Summe Ihrer betrieblichen Kredit-Tilgungsraten ist (die müssen nämlich aus dem versteuerten Gewinn bezahlt werden!)?
  • Addieren die zudem die vollen Kreditraten Ihrer privaten Darlehen.
  • Planen Sie einen Betrag, den Sie monatlich auf ein separates Sparkonto als freie Rücklage ansparen wollen.
  • Wenn Sie nun eine monatliche Gesamtsumme ermittelt haben, dann sollte dies auch die Höhe Ihres monatlichen Entnahmedauerauftrages sein! Nicht mehr! Wenn das Kalenderjahr um ist, Sie mit dem Steuerberater den Gewinn festgestellt haben und die zu zahlenden Steuern mit Ihrem Rücklagenkonto abgeglichen haben, können Sie immer noch den Rest entnehmen.
  • Zu den Einnahmen hinzu kommt noch der Betrag der monatlichen Abschreibungen. Dieser Betrag sollte idealerweise genauso hoch sein wie Ihre Tilgungsraten!

Wenn nicht, dann wurden Sie bei der Finanzierung wahrscheinlich schlecht beraten – und haben u. U. ein Problem. Dies umso mehr je älter Sie schon sind.  Es macht überhaupt keinen Sinn, die Schulden aus der Zeit der Existenzgründung noch bis zur Praxisabgabe mitzuziehen, nur weil sie angeblich damit Steuern sparen können!

  • Was tun, wenn Sie feststellen, dass die Summe aus Gewinn und Abschreibungen aber nicht ausreicht, um alle Ihre Ausgaben zu decken? Dann haben Sie ein Problem – wenn dann der Kontokorrentrahmen der Praxis/Apotheke auch schon bis nahe an den Rand ausgeschöpft ist, dann haben Sie ein großes Problem!

Sie haben für den privaten Konsum Überentnahmen getätigt, das mag keine Bank. Es fehlt dann auch der finanzielle Spielraum für eine zusätzliche Kreditrate mit der man den aufgelaufenen Sockelbetrag im Kontokorrent umschulden könnte.

  • Dann gibt es nur 2 Möglichkeiten:

1. Die Praxis/Apotheke rentabler zu machen und

2. „den Gürtel enger zu schnallen“ und bei den Ausgaben zu sparen.

  • In der Praxis/Apotheke werden sich die Einnahmen nicht so schnell steigern lassen (es sei denn, Sie hätten einfach nur weniger gearbeitet!). Also müssen die Kosten runter – meist hat sich in diesen Fällen zu viel Personal angesammelt. Wenn Sie nicht in die Insolvenz gehen wollen, müssen Sie ein oder zwei Mitarbeiter entlassen.
  • Bei den Privatausgaben lässt sich häufig viel einsparen, da Mediziner oft – auch um mit den anderen mitzuhalten – einen teuren Lebensstil pflegen (müssen es 2 Golfclubmitgliedschaften sein, 2 gepachtete Jagden, 5 Jaguars, 2 x im Jahr die Malediven etc. – dies sind alles echte Beispiele!).
  • Immer wieder einmal ist auch das Privathaus beim Bau einfach zu teuer geworden. Nur einer meiner Kunden hat es da einfach verkauft, ist woanders zur Miete eingezogen, hat seine Praxis saniert und nach 4 Jahren wieder ein schönes Haus gebaut. Aber das geht, wenn man es wirklich will.
  • Wenn Sie so eine Situation bei sich entdecken, sprechen Sie umgehend mit Ihrem Steuerberater und kommen Sie danach sehr zügig gemeinsam auf Ihre Bank zu. Bei ausreichend Zeit lässt sich meist noch gemeinsam eine Lösung finden. Wenn Sie das nicht tun, dann landen Sie sehr schnell in der Sanierungsabteilung Ihrer Bank – und dann wird Ihnen erklärt, was Sie zu tun haben, wenn Sie nicht in die Insolvenz wollen.

Ich hoffe sehr, dass Sie sich beim Lesen nicht allzu sehr wiedererkannt haben und dass Ihre Liquiditätssituation sehr auskömmlich ist. Falls nicht, seien Sie proaktiv und bleiben Sie auch auf der Ausgabenseite ein erfolgreicher Arzt/Apotheker.