Erfolgreicher Arzt – Erfolgreiche Praxisbewertung?

Erfolgreicher Arzt – Erfolgreiche Praxisbewertung?

Sie haben eine sehr erfolgreiche Praxis aufgebaut? Gut, aber kennen Sie auch den materiellen Wert Ihrer Praxis? Wert und Preis sind zwei ganz verschiedene Dinge – so wie die zwei Seiten einer Münze. Auf der einen Seite steht eine Zahl, auf der anderen aber ein Bild, z. B. ein Adler. Es kommt also auf drei wesentliche Aspekte an, wenn eine zweckgerichtete und erfolgreiche Praxisbewertung erfolgen soll: 

  • Zu welchem Bewertungsanlass (Zweck) soll die Bewertung erfolgen?
  • Mit welchem Verfahren wird bewertet?
  • Wer soll die Bewertung durchführen?

Die gängigsten Anlässe für eine Bewertung sind:

  • Verkauf aus Altersgründen
  • Weitergabe in der Familie an ein Kind (andere Kinder sind Nicht-Ärzte)
  • Scheidung
  • Todesfall

Bewerten darf grundsätzlich jeder – empfehlenswert sind natürlich Experten. Es gibt einige wenige vereidigte Sachverständige, daneben Wirtschaftsprüfer und Steuerberater (diese sollten möglichst über eine Zusatzqualifikation verfügen, genannt „Fachberater für den Heilberufebereich“). Ganz wesentlich ist, dass diese Fachleute auch über ausreichend Erfahrungen, speziell mit Praxen und da über ein vertieftes Branchenwissen verfügen!

Ganz wichtig ist es, sich darüber klar zu werden, dass es drei Sichtweisen bei der Bewertung gibt:

  • Die (i. d. R.) deutlich höhere des Verkäufers
  • Die (i. d. R.) vorsichtigere und damit deutlich niedrigere des Käufers
  • Die eher risikoaverse der finanzierenden Bank.

Sehr vereinfacht gesagt, ist die Sichtweise der Bank die entscheidende, denn da in aller Regel der Praxiserwerb zu 100% mit Krediten finanziert wird, liegt im Grunde der maximale Praxiswert bei dem Betrag, den die Bank gerade noch bereit ist zu finanzieren! Andernfalls scheitert der Verkauf.

Die Grundsätze für Unternehmensbewertungen hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) 2008 in seinem Standard S1 festgelegt. Diese wurden 2010 und 2014 für kleinere und mittelgroße Unternehmen näher ausgeführt. Bewertet wird nicht die Vergangenheit oder die Gegenwart der Praxis, sondern allein der Zukunftserfolg, also die in der Zukunft zu erwartenden Ertragsüberschüsse. Der gefühlte Wert eines „Lebenswerks“ spielt dabei keine Rolle. Ebenso ist in dem mittels dieser Verfahren ermittelten Praxiswert auch schon das gesamte Inventar enthalten, da es der Erzielung der künftigen Erträge dient und sich dabei verzehrt.

Für den IDW erbringen grundsätzlich nur ein bestimmtes Ertragswertverfahren oder ein Discounted Cashflow-Verfahren die korrekten Ergebnisse. Das Problem dabei ist, dass diese Methoden an sich nur für börsennotierte Großunternehmen mit angestelltem Management und ewiger Lebensdauer gedacht waren, d. h. für inhabergeführte Praxen sind viele Anpassungen vorzunehmen! Trotzdem werden hier in der Praxis regelmäßig zu hohe Werte ermittelt.

Beim Verkauf aus Altersgründen akzeptiert der IDW neben den o. g. Verfahren, allerdings nur bei Freiberuflern (also bei Ärzten aber nicht bei Apothekern), auch ein sog.“ vereinfachtes Preisfindungsverfahren“, die „Ärztekammermethode (in der Fassung von 2009). Dabei verlangt der IDW aber vom Bewerter den Hinweis auf die Abweichungen zu den von ihm empfohlenen Verfahren.

Viele Sachverständige wenden daher lieber die sog. „modifizierte Ertragswertmethode„ an. Auch sie hat aber eindeutig ihre Grenzen. – Wenn man sich also nicht die Sichtweise der Bank zu eigen macht, dann ist es sinnvoll, dass sich die Berater von Käufer und Verkäufer zumindest auf ein Bewertungsverfahren und die Größenordnung der darin anzuwendenden Parameter einigen. Auf diese Weise wird eine – eher enge – Spanne für den Praxiswert ermittelt, in der sich die Parteien in Verhandlungen an einen Einigungswert annähern können.

Auch bei der Praxisweitergabe innerhalb der Familie ist grundsätzlich eine Bewertung und ein Verkauf zu empfehlen. So vermeiden Sie später hitzige familiäre Diskussionen über den einst bezahlten Kaufpreis und für den Wertausgleich mit den anderen Kindern gibt es im Falle von Schenkungen oder Vererbung eine klare Wertbasis.

Bei Scheidungen und auch im Erbfall gibt es gesetzliche Vorgaben, diese entstammen aber rein einer steuerlichen Betrachtung und sind im Bewertungsgesetz festgelegt. Das Gesetz schreibt eine Hierarchie der Bewertungsverfahren vor, d. h. es soll letztlich kein Verfahren angewendet werden bei dem ein offensichtlich überhöhter Wert herauskommt Damit haben Sie aber die Möglichkeit – mit Hilfe eines qualifizierten Beraters – ein Gegengutachten auf Basis eines anderen Verfahrens ins Feld zu führen und den Nachweis eines anderen, also meist niedrigen, Wertes zu erbringen. Je besser Ihr Berater das begründet, umso weniger besteht das Risiko, dass das Gericht auch noch eines Schiedsgutachten beauftragt.

Bewertungsfragen sind nie trivial, wie ein sehr interessanter Fall aus der Vergangenheit zeigt: Da hat ein Wirtschaftsprüfer vor Gericht nachgewiesen, dass der vom vereidigten Bewerter für den Verkäufer ermittele Verkaufspreis einer Praxis finanzwirtschaftlich gesehen um 100% zu hoch war. Pikanterweise hatte aber ein anderes Gericht kurz davor auf Basis des zu hohen Wertes die Abfindung der Ex-Ehefrau des Verkäufers bei seiner Scheidung festgelegt. Der Verkauf der Praxis scheiterte und der Altarzt hat seinen Bewerter verklagt.

Sie sehen also, es macht sehr viel Sinn, sich vor einer Bewertung über diese wesentlichen Aspekte ausführlich Gedanken zu machen, dann erzielt ein erfolgreicher Arzt auch einen Praxiswert, der seinen Erfolg richtig widerspiegelt.