Erfolgreicher Arzt - Praxisbewertung - aber richtig

Erfolgreicher Arzt – Praxisbewertung – aber richtig

Es gibt einige Anlässe im Leben eines erfolgreichen Arztes, den Wert seiner Praxis genauer bestimmen zu lassen: Verkaufsabsicht, Weitergabe innerhalb der Familie oder die Aufnahme eines Partners – und natürlich auch die Scheidung. Der dafür ermittlete Wert ist aber keine exakte physikalische Messgröße, sondern immer nur das, was jemand einem – ökonomischen – Gut beimisst. Neben dem Wert gibt es noch den Preis – und der kann durchaus nach oben oder unten vom Wert abweichen. Gibt es viele Käufer, steigt der Preis – gibt es wenige, sinkt er. Relativ sicher kann sich der Arzt über den Wert seiner Praxis nur sein, wenn er ein Praxiswertgutachten von einem wirklichen Fachmann, am besten einem vereidigten Sachverständigen, erstellen lässt.

Es gibt selbsternannte Fachleute und echte – wichtig ist, dass der Gutachter auch wirklich auf die Besonderheiten von Ärzten/Zahnärzten spezialisiert ist: Ein reiner Wirtschaftsprüfer, der hier manchmal die Besonderheiten nicht kennt, würde z. B. die Bewertung anhand einer `ewigen Rente´ erstellen und so zu unbezahlbaren Beträgen kommen. Eine wohlmeindende Steuerberaterin hat einmal für einen Verkauf nach fünf verschiedenen Verfahren die Werte ermittelt und dann den Durchschnitt gebildet – wobei zwei der Verfahren gar nicht geeignet waren. So ist das sog. `Stuttgarter Verfahren´ etwas, das nur die Finanzverwaltung anwendet. Und die sog. `Ärztekammer-Methode´ gibt es in zwei veralteten Versionen. Wenn schon diese, dann in der Fassung von 2009 – und auch die ergibt nicht d e n wirklichen Wert (wird aber z.B. von Gerichten immer wieder gerne genommen). Zu den Details siehe die Broschüre „Abgabe und Übernahme einer Praxis“ von der KVB (10/2009) Seite 64 ff.. – Ich kann nur nochmals betonen, dass es absolut wichtig ist, dass der/die  die Übergabe begleitende/n Steuerberater sich wirklich mit Bewertungen von Arztpraxen und ihren Besonderheiten je nach Fachrichtung auskennt/en.

Richtig ist daran aber, dass eine Praxisbewertung immer den konkreten Einzelfall voll und ganz berücksichtigen muss. Entscheidend ist dabei, welche Umsätze und welche Kosten sind denn auf den Nachvollger überhaupt übertragbar? Gibt es personengebundene oder qualifikationsgebundene Umsatzteile, die der Nachfolger evtl. nicht übernehmen kann? Dann ist für den Käufer diese Praxis natürlich weniger Wert. Von dem übertragbaren Gewinn wird ein alternatives Arztgehalt abgezogen und das Ergebnis mit einem Prognosemultiplikator multipliziert. Sie merken schon, dass es da „Stellschrauben“ gibt, die jeder ein wenig unterschiedlich sehen kann. Falls sowohl der Berater des Abgebers als auch der Berater des potenziellen Käufers ein Gutachten erstellt haben und dann weit auseinander liegen, empfehle ich immer, dass die beiden sich auf ein Verfahren und darin auf die anzuwendenden Parameter einigen und dann nochmals rechnen sollen. Wenn dann die Werte immer noch ein Stück auseinander leigen, sollten die beiden Ärzte einfach ohne Berater ein „Bier trinken“ gehen und sich einigen – so geht das am leichtesten.

Eine Besonderheit sind die manchmal vorkommenden reinen „Gefälligkeitsgutachten“, deren Ergebnis Sie dann getrost durch zwei teilen dürfen. Peinlich wird es aber, wenn vom Verkäufer für einen Verkauf in 2017 ein Gutachten vom Vorjahr herangezogen wird, welches damals die Grundlage für die Abfindung der Ehefrau bei seiner Scheidung war und dann der gegnerische Steuerberater nachweist, dass dieses Gutachten um 50% zu hoch ist. Da kommt beim Verkäufer viel Freude auf.

Ein anderes gerne genommenes Wertkriterium ist, dass der Verkäufer ja gefühlt sein „Lebenswerk“ verkauft – dann wird die Wertermittlung emotional und dagegen ist mit rationalen Argumenten aus der nüchternen Betriebswirtschaft schlecht anzukämpfen. Hier sind Geduld und Einfühlungsvermögen angesagt. – Es kann aber auch schlicht und einfach sein, dass ein Altarzt deshalb € 500.000,- für seine Praxis haben will, weil – durch schlechtes Wirtschaften und/oder ein bis mehrere Scheidungen – bei seiner Bank noch € 500.000,- Schulden vorhanden sind, die erst los werden muss, bevor er aufhören kann. Dann steht der Abgeber mit dem Rücken zur Wand und kann nicht verhandeln – woran dann die meisten Verkäufe scheitern.

Selten aber auch nicht unmöglich ist es, dass Altärzte eine viel zu schlechte Meinung vom Wert ihrer Praxis haben und deutlich zu wenig verlangen oder ganz einfach aufhören. Gerade die modernen Formen der überörtlichen BAG oder des MVZs bieten hier jedoch gute Möglichkeiten zum Verkauf. Nicht umsonst bieten die Inhaber sehr großer Praxisgebilde bei fast jeder Ausschreibung eines Sitzes über die KV mit.

Fassen wir zusammen:

Der Sinn und Zweck einer Praxisbewertung ist es, einen für beide Parteien akzeptablen Stichtagswert zu finden, welcher für Praxen dieser Art am Markt erzielbar wäre. Die heute am häufigsten verwendetete und allseits akzeptierte Methode dazu ist das sog. „modifizierte Ertragswertverfahren“. Ich werde dazu im neuen Jahr mehr berichten.

Einen allerletzten Härtetest für den Praxiswert müssen Sie ohnehin durchlaufen, denn keine Praxis kann mehr wert sein, als Ihnen Ihre Bank finanziert! Gerade rein provisionsorientierte Vermittler sind der Versuchung ausgesetzt, den Wert für den Abgeber in schwindelnde Höhen zu treiben, nur, aus den künftig erzielbaren Gewinnen kann die zu diesem Wert benötigte Finanzierung dann nicht bezahlt werden und Ihre Bank sagt nein. Binden Sie Ihren Banker also frühzeitig in die Verhandlungen mit ein – ich habe so in den letzten 20 Jahren immer wieder mal steuernd eingreifen und Übertreibungen verhindern können, wenn ich rechtzeitig gefragt wurde.

Außerdem habe ich in der Bank den Zugriff auf das Praxisbewertungs-Tool in MedMaxx (Prof. Merk) und kann mit wenigen Daten zumindest schon einmal überschlägig eine Range ermitteln innerhalb derer der Praxiswert liegen sollte.