Erfolgreicher Zahnarzt- Würden Sie an Jacobs verkaufen?

Erfolgreicher Zahnarzt- Würden Sie an Jacobs verkaufen?

Kennen Sie Colosseum Dental? Ganz offen gestanden, ich bisher nicht. Am 24.10.2019 berichtete die Neue Züricher Zeitung, dass dieser Investor seit Januar 2017 eine Zahnarzt-Kette aufgebaut und in 8 europäischen Ländern mehr als 500 Zahnarztpraxen gekauft hat.

Der Startschuss fiel in Norwegen mit dem Kauf von Colosseum Smile (52 Klinken in Skandinavien – Umsatz rd. 130 Mio. Franken). Dann folgte Mitte 2017 die Übernahme der Mehrheit an Swiss Smile (11 Kliniken, z. T. rd. um die Uhr geöffnet – heute sind es gut 100 Zahnärzte an 13 Standorten). In Großbritannien kam 2017 Southern Dental (80 Kliniken) hinzu und in Italien Odonto Salute. Für Colosseum sind mittlerweile rd. 2.200 Zahnärzte als Angestellte tätig.

Hinter Colosseum steht eine Züricher Stiftung in der die deutsche Unternehmer-Familie Jacobs („die mit dem Kaffee“) ihr Vermögen managen lässt. Insgesamt werden bei Colosseum dental jährlich rd. 900 Mio. Franken umgesetzt, sagt Patrick De Maeseneire, der Präsident des Verwaltungsrats der in Zürich angesiedelten Colosseum Dental Group.

Die wohlhabende Unternehmer-Familie hat so in nur knapp zwei Jahren eine der größten Zahnarztketten der Welt aufgebaut und Colosseum will unter seinem Chef De Maeseneire (vormals Adecco und Barry Callebaut) zur Nr. 1 in der Branche für zahnmedizinische Dienstleistungen wachsen.

Die nächsten Käufe will man in den USA tätigen – hier hat man jüngst die Mehrheit an der North American Dental Group erworben (vorher waren 43% in der Hand von Private-Equity-Firmen!). Zunächst soll hier erst einmal konsolidiert werden, aber 2020 wird wieder expandiert!

Wenn Colosseum in Europa und USA nur schon auf 3% Marktanteil käme, dann würde das 6 Mrd. Dollar an Umsatz bedeuten. Weltweit geht man von einem Volumen aller Zahnarztdienstleistungen von rd. 400 Mrd. $ aus – davon entfallen rd. 140 Mrd. $ auf die USA. Dort gibt es zwar schon Zahnarztketten, aber die haben erst einen Marktanteil von gut 10%.

In Europa werden jährlich ca. 60 – 70 Mrd. € umgesetzt und hier sind erst 6 – 7 % in Ketten organisiert. Anders als die Private-Equity-Unternehmen hat die Familienstiftung einen wesentlich längeren Zeithorizont bei ihrer Anlagestrategie. Bei der Renditeerwartung sind sie gleich, meist werden 7 – 8 % p. a. anvisiert. Aus Sicht eines Firmenkäufers bietet, lt. De Maeseneire, die Zahnarztbranche den Vorteil, dass sie nicht nur groß und lukrativ, sondern bisher auch äußerst fragmentiert strukturiert ist.

Durch die Überalterung vieler Praxisinhaber und dem hohen Frauenanteil bei den nachrückenden Zahnärzten – vermehrt mit dem Wunsch in Gemeinschaftspraxen und auch Teilzeit zu arbeiten – ändert sich die Struktur der Branche zurzeit grundlegend! Hinzu kommt die vermehrt wachsende Scheu vor hohen Investitionen, den bürokratischen und KZV-rechtlichen Hürden sowie der hohen Arbeitsbelastung.

Für die Patienten bietet eine Zahnarzt-Kette eine Reihe von Vorteilen: Längere und durchgehende Behandlungszeiten – ohne ferienbedingte Schließungen – breiteres Behandlungsangebot in größeren modernen Räumlichkeiten mit neuester Technik und ggf. transparentere Behandlungskosten.

Selbstverständlich gibt es auch die bekannten Nachteile – und ich, ganz persönlich, hänge sehr am Zahnarzt meines Vertrauens – aber darum geht es hier nicht. – Wichtig für Sie ist die Frage, ob Sie ein so großes Praxisgebilde geschaffen haben, dass Sie für einen Investor interessant sind – und, ob Sie in diesem Falle auch an einen Investor verkaufen würden oder nur an einen Kollegen?

Da die Renditeerwartung des Investors niedriger ist als die notwendige und erwartete Umsatzrendite eines Zahnarzt-Nachfolgers, können Sie beim Verkauf an einen Investor u. U. einen deutlich höheren Verkaufspreis erzielen. So werden Sie –zumindest finanziell – ein erfolgreiche Ex-Zahnarzt.