Arzt 4.0 – Qunitessenz: Wer nicht mitmacht, wird „aussterben“.
Das Handelsblatt betitelt am 04.03.2019 einen Beitrag zur Gesundheits-politik mit „Big Data bedroht Barmer„. 2018 präsentierte die US-Firma Verily eine Technologie, mit der sich das Herzinfarktrisiko allein mit einem Scan der Netzhaut im Auge erkennen lässt. Ausgehend vom Verhalten von Verily, dem Gesundheitsableger von GOOGLE, konstatiert das Handelsblatt, dass dieses und andere Unternehmen mit den für den US-Markt ent-wickelten Gesundheitstechnologien auch schon bald auf den deutschen Markt drängen könnten. Die Quintessenz für den Arzt 4,0 ist folgende: Der mit hoher Finanzkraft unterlegte Anspruch der US-Tech-Riesen wie Amazon, Google oder Apple, den Gesundheits-markt auch bei uns zu erobern, könnte die Versorgung hierzulande grundlegend verändern.
„Dieser Satz“, so das Handelsblatt, „beinhaltet Sprengstoff: Wenn innovative digitale Lösungen vermehrt außerhalb der regulären Krankenversorgung im sog. zweiten Gesundheitsmarkt angeboten würden, könnte dieser zukünftig von den Versicherten als erste Anlaufstelle wahrgenommen werden, und Patienten könnten zunehmend aus dem Verantwortungs- und Einflussbereich der GKV abwandern.“
Die GKV hat bei der renomierten Unternehmensberatung Deloitte eine Studie zu den Herausforderungen welche sich für sie aus der Digitali-sierung ergeben in Auftrag gegeben. „Die Autoren der Studie sehen nicht nur das Risiko, dass die gesetzlichen Krankenversicherer es mit der Digitalisierung nicht mehr in der Hand haben, wie sich das Gesundheits-system weiterentwickelt. Sie warnen auch vor Gefahren für die Sicherheit der Patienten. Bislang wird der medizinische Leistungskatalog, den die Kassen bezahlen, auf der Basis einer wissenschaftlichen Nutzenbewertung durch den GBA festgelegt. Abgebote jenseits dieses Katalogs haben den Prüfstempel für die Qualität der Leistungen nicht.“
Mit der Verarbeitung und Analyse gewaltiger Datenmengen, wie z. B. bei IBMs Watson, wird ein neues Zeitalter der Vorbeugung oder verbesserten Behandlung von Krankheiten eingeläutet. Den Patienten eröffnen sich durch die Digitalisierung grundsätzlich ganz neue Behandlungswege von der Telemedizin bis hin zur elektronischen Patientenakte. Nur, in Deutschland kommen wir hier immer noch kaum von der Stelle! Lt. einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung liegt Deutschland hier am vor-letzten Platz von 17 untersuchten Nationen. Die Organe der Selbstver-waltung haben sich hierbei – mit Billigung durch die Politik – 10 Jahre lang gegenseitig blockiert. Selbst wenn jetzt eine gewisse Bewegung in die Sache gekommen ist, mit der Geschwindigkeit der Innovationen können die Veränderungen der Strukturen nicht mithalten.
Innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung herrscht nicht einmal Einigkeit, wie mit dem digitalen Wandel umzugehen sei, zeigt die Deloitte-Studie: Es sei „unklar, inwiefern digitale Lösungen auch Bestandteil der Zielbilder der gesetzlichen Krankenkassen und ihrer Verbände sowie des GKV-Spitzenverbandes sind, und vor allem, wie konkrete Schritte zu einer noch schnelleren und effizienteren Integration in die Versorgung aussehen“.
Inzwischen setzt sich Gesundheitsminister Jens Spahn dafür ein, dass digitale Innovationen schneller in die Regelversorung aufgenommen werden – auch wenn er dafür die Gematik – an sich ein Medium der Selbstverwaltung – faktisch unter seine Kontrolle bringen muss. Aber, angesichts der komplizierten Aufnahme von digitalen Gesundheits-angeboten, schließen immer mehr Krankenkassen lieber Einzelverträge mit E-Health-Unternehmen ab. So kooperiert z. B. die TKK mit dem Start-up Ada Health aus Berlin, welches ein KI-basierte allgemeine Diagnose-App entwickelt hat.
Fazit der Studie ist, dass eine Vielzahl von Gesundheitsunternehmen das Ziel haben, die Strukturen des Gesundheitsmarktes langfristig dissruptiv zu verändern. Auch in Deutschland könnten diese Unternehmen, „über kurz oder lang“ in die direkte Konkurrenz zu Angeboten der gesetzlichen Krankenkassen treten. „Ein sich intensivierender Wettbewerb um Daten ist zu erwarten – eine rechtzeitige Positionierung der GKV zu einer Datenzu-ammenführung und übergreifenden Nutzung ist daher essentiell“, heißt es in der Studie. Wen Google & Co. im Gesundheits-bereich eine kritische Masse an Nutzern erreichten, werde es für die GKV umso schwerer, bei der datengetriebenen Medizin mitzuhalten.
Wenn also die GKV, welche für die meisten Ärzte bis zu 80 % der Honorare bezahlt, in der modernen datengetriebenen Medizin zunehmend an Bedeutung verlieren sollte, was bedeutet das dann für die Einnahmen der Ärzte? – Wie wollen Sie sich hier positionieren, Ihren Standesvertretungen gegenüber, der GKV gegenüber – und vor allem Ihren Patienten gegenüber?
Wollen und können Sie schon heute digitale Gesundheitsleistungen in den Leistungskatalog Ihrer Praxis aufnehmen und so auch morgen noch ein wirtschaftlich erfolgreicher Arzt sein?
Die gesamte Studie von Deloitte können Sie im Internet herunterladen. Sie finden Sie unter dem Titel „Digitalisierung des Gesundheitsmarktes“ Studie.