Existenzgründung durch Apothekenkauf

Existenzgründung durch Apothekenkauf

Ann-Kathrin *) ist Anfang dreißig, attraktiv und Apothekerin mit Prädikatsexamen. Seit einigen Jahren ist sie erfolgreiche Filialleiterin einer größeren Innenstadt-Apotheke in Nürnberg. Nun ist es für sie Zeit, sich eine eigene Apotheke zu suchen. Doch wie gestaltet man eigentlich eine eigene Existenzgründung durch Kauf einer Apotheken richtig?

Sie fragt zunächst einen Apotheken-Berater, der in ihrer Wunschregion seit langen Jahren viele Apotheken betriebswirtschaftlich berät und der sagt, er könne Ihr da eigentlich nur zwei Leute bei zwei verschiedenen Banken, eine Dame und einen Herrn, empfehlen! So kommt sie zu mir und ich habe tatsächlich zwei mögliche Abgeber in meinem Kundenstamm.

Da das ein wenig dauert, suchte sie weiter und findet privat eine zum Verkauf stehende Apotheke im Umland. Der Verkäufer läd sie ein und gibt ihr auch zwei betriebswirtschaftliche Auswertungen mit den letzten Zahlen sowie ein paar Tipps, was man alles aus der Apotheke machen kann. – Was er nicht sagt ist, dass die Apotheke in einem abgeschlossenen und verkehrstechnisch schlecht zugänglichen Ortsteil liegt, wenig Ärzte im Umfeld hat und zwar einen gewissen „nicht vermeidbaren“ Umsatz hat, der sich  aber eben auch nicht steigern lässt – davon leben kann man aber nicht wirklich (sonst würde der Herr ja auch nicht verkaufen). Zum Glück für Sie, können wir das aber recherchieren, einfach mittels Google-Maps und da er lokal gut vernetzt ist.

Und wieder findet Ann-Kathrin über private Kontakte eine schöne alte Apotheke in einer nahen Kleinstadt  und eine nette Apothekerin, der eigentlich schon lange in Rente sein könnte, die bereit, ist ihr ihr Lebenswerk zu verkaufen. Geschäftszahlen bekommt sie nicht, aber die Zusicherung wenigstens Einblick in die Zahlen nehmen zu dürfen und dass man mit dieser Apotheke schon ihr Auskommen haben könne. Das stimmt, wenn man keine Kredite mehr abbezahlen muss, früher – als die Konkurrenz noch geringer war – gut verdient und gespart hat und nun noch nebenbei seine Apothekerversorgung bekommt. Was sie ihr nicht sagt, ist, dass diese Apotheke schon seit vielen Jahren „am Markt“ ist. Auch dies alles ist uns im Team, mit mehr als 20 Jahren Berufs- und Markterfahrung, bekannt.

Und nun endlich habe ich auch einen potenziellen Abgeber für sie: Es gibt ein erstes Kennenlerngespräch, bei dem der potenzielle Abgeber sehr begeistert von ihr ist und er verspricht Zahlen und Fakten zuliefern. Die Apotheke liegt in einem Stadtviertel, welches dem gleicht in dem sie als Filial-leiterin arbeitet, die Konkurrenzsituation ist überschaubar und der Basisumsatz stabil und noch bis zu einem gewissen Grad steigerbar, aber letztlich auch nach oben gedeckelt. Der Banker bekommt auch tatsächlich die Geschäftszahlen der letzten 5 Geschäftsjahre, plus aktuelle VSA-Abrechnung, plus eine schriftliche Aufstellung, wie sich welche Kosten nach der Übergabe ändern werden. Daraus erstellt er eine Datenanalyse und eine Planungsrechnung, die er mit Ann-Kathrin bespricht – und die ist erst einmal „platt“: So viele Zahlen, so viele Details und so viele „Stellschrauben“?

Dann erfolgt zuerst einmal eine gewisse Ernüchterung, sie würde als Selbständige netto ja nur rd. € 600,- netto mehr verdienen als als angestellte Apothekerin – und das bei vollem wirtschaftlichen Risiko?! So hatte sie sich das aber nicht vorgestellt! Stimmt schon, aber da sind natürlich auch schon hohe Beträge für Zins und Tilgung aus der Finanzierung des Kaufpreises in den nächsten 10 Jahren vorweg abgezogen worden. – Würde Sie jedoch vom Kaufpreis € 50.000,- oder gar € 100.000,- runter verhandeln, dann läge ihr Nettoeinkommen schon um € 1.000,- bis € 2.000,-/Monat höher. Und wenn es ihr dazu noch gelänge, sich mit anderen Apothekern, die sie ja schon gut kennt, beim Einkauf zusammenzuschließen und so die Wareneinsatzquote auch nur leicht zu senken, dann wären das die nächsten  € 1.000,-/Monat, netto. Das alles – und noch viel mehr – ergibt sich aus der Analyse der Bank.

Es ließe sich hier also mit etwas gutem Willen und einem gewissen Verhandlungsgeschick eine gute wirtschaftliche Existenz schaffen. Nun muss Ann-Kathrin sich entscheiden, ob sie das wirklich will? Aber sie geht  stattdessen jetzt erst einmal in Urlaub, („war ja schon gebucht“), vertröstet den Abgeber  – und wird dann versuchen, ihre Entscheidung nochmals bei dem Apotheken-Berater absichern. – Am Ende wird ihr nichts anderes übrig bleiben, als ein großes weißes Blatt zu nehmen, einen senkrechten Strich zu ziehen und dann über mehrere Abende hintereinander links und rechts das „Pro“ und „Contra“ aufzuschreiben, dies anschließend zu bewerten und zu ordnen. Aber dann ist sie mit Ihrer Entscheidung letztlich doch alleine – hic Rhodos, hic salta.

*) der Name wurde natürlich geändert.