Erfolgreicher Arzt - in der Falle (ganz analog, nicht durch Arzt 4.0)

Erfolgreicher Arzt – in der Falle (ganz analog, nicht durch Arzt 4.0)

Dr. Meier *) ist Mitte 50, seit fast 20 Jahren erfolgreicher Arzt, gut verheiratet mit drei Kindern, zwei im Studium und eines macht nächstes Jahr Abitur. Das größzügige Eigenheim der Familie ist zeimlich abbezahlt und vor einigen Jahren wurde eine Ferienimmobilie im Ausland angeschafft und finanziert. Bei dem Darlehen für die Auslandsimmoblie sind in 2018 neue Zinsen zu vereinbaren. Schön, die werden auf alle Fälle niedriger sein als beim Darlehensabschluss vor 8 Jahren. Aber, jetzt kommt das Problem – der Arzt sitzt in der Falle und hat es nicht bemerkt!

Vor 20 Jahren hat er nämlich seine Finanzierung (2 Darlehen) ganz selbstverständlich über eine auf Ärzte und Apotheker spezialiserte Bank abgeschlossen,              € 350.000,- und die gesamte Rückzahlung läuft über zwei mit den Darlehen gekoppelte Versicherungen. Dies bedeutet, bis heute hat er dort nur Zinsen bezahlt und noch keinen Cent getilgt. Die Tilgungsbeträge gingen in die beiden großen Lebensversicherungen, die ihm der Bankberater verkauft hat. Von den Beiträgen wurden zunächst die relativ hohen Kosten für die Versicherungsgesellschaft abgezogen, der Rest wurde von der Versicherungsgesellschaft in Wertpapierfonds investiert. Diese Fonds haben die Crashs im April 2000 und September 2008 durchlebt – der kümmerliche Rest hat sich dann in den letzten Jahren ganz ordentlich entwickelt. Nur, zur Tilgung der beiden Kredite aus der Zeit der Praxisgründung werden diese Beträge niemals reichen! Dafür „hat der Arzt ja Steuern gespart“?!
In der Folge kamen dann noch finanzielle Wünsche hinzu, neue Praxisgeräte oder die Finanzierung einer so nicht einkalkulierten großen Steuernachzahlung, zusammen fast € 200.000,-. Der Arzt sitzt also auf einem Schuldenberg von insgesamt gut über einer halben Million Euro – und das mit Mitte 50.

Außerdem haben sich mit wachsendem Enkommen auch die Lebenshaltungskosten der wachsenden Familie in den letzten 20 Jahren ganz deutlich erhöht.  Steuerberater in unser Region rechnen für ein Arzt-Kind im Studium  rd. € 1.250,-/Monat. Ab nächstes Jahr darf Dr. Meier somit dann monatlich € 3.750,- für seine drei Kinder ausgeben – wohlgemerkt aus seinem Einkommen nach Steuern. Da hilft auch das Kindergeld nicht mehr viel.

Dummerweise ist in 2017 auch noch der Gewinn in der Praxis – durch mehr Freizeit für den Altarzt und die Anstellung eines Assitenzarztes –  um rd. € 60.000,- zurückgegangen und dieser Rückgang ist kurzfristig nicht aufzufangen.

In dieser Situation fragt der Arzt bei einer anderen Bank nach neuen Konditionen für das Darlehen seiner Auslandsimmobilie. Das Hypothekendarlehen für die Auslandsimmobilie wurde zwangsweise mit einer Grundschuld  auf seinem Haus im Inland abgesichert und dieses Haus haftet seiner Hausbank für alle Kredite (das weiß er zwar nicht mehr, aber das hat er vor 20 Jahren so unterschrieben). Daran scheitert oft schon ein späterer Bankwechsel, da seine Bank in der Regel keine Sicherheiten freigibt.

In diesem Falle ist es aber viel schlimmer, denn die andere Bank prüft die Finanzierungsanfrage anhand der aktuellen Einnahmen und Ausgaben und muss leider  ablehnen, da die Summe der Einnahmen schon jetzt – und auch mit niedrigeren Zinsen – nicht mehr ausreicht, um alle Ausgaben zu decken. Der Kunde ist nicht mehr kapitaldienstfähig! Da sich die Einnahmen auch kurzfristig nicht mehr adäquat erhöhen lassen, müssen die Kosten runter. Da bleibt dann meist nur der zügige Verkauf der geliebten Auslandsimmobilie – und wenn das nicht reicht, der Verkauf des Eigenheims! Dieser Schritt wird in 95% aller Fälle so lange gescheut, bis es zu spät ist.

Hätte Dr. Meier stattdessen seine 2 Praxisdarlehen parallel zu den Abschreibungen in der Praxis getilgt, hätte er seit fast 10 Jahren € 350.000,- Schulden weniger. Zusätzlich hätte er eine niedrigere Rate für sein Immobiliendarlehen vereinbaren und über eine Sondertilgungsmöglichkeit die schnellere Entschuldung genau nach seiner jährlichen finanziellen Leistungsfähigkeit steuern können.

„Na ja, er hat ja noch seine Hausbank – und die wird ihm als langjährigem Kunden ja wohl noch einigermaßen gute Konditionen bieten.“ Wenn aber auch die Hausbank seine aktuelle Situation anhand der aktuellen Daten prüft – und dazu ist sie verpflichtet – kommt auch sie zu dem Ergebnis, dass Dr. Meier nicht mehr kapitaldienstfähig ist. Nun kommt es ganz darauf an, ob er auch schon auf einem Konto vielleicht schon mehr als 30 Tage überzogen ist (auch mit Kleinstbeträgen)? Dann greift eine Regelung, welche von der Bankenaufsicht in 2013 als Folge der Banken, Euro- und Staatskrisen eingefügt wurde und die sich „Forbearance“ nennt.

Ist Dr. Meier schon länger überzogen, ist er als Sanierungfall zu behandeln und an eine spezielle Abteilung (manchmal „mit sehr rustikalem Charme“ – bei allen Banken) abzugeben. Auch wenn seine Konten noch nicht überzogen sind, ist er als Forbearance-Fall zu behandeln (also mit Abgabe an eine andere Abteilung), da er nicht kaptialdienstfähig ist und auch nicht ohne weitreichende Zugeständisse seiner Bank (z. B. Streckung der Tilgung durch niedrigere Raten und längere Laufzeit als geplant) kapitaldienstfähig gemacht werden kann. Eventuell muss seine Bank aus Sicherheitsgründen hier eine Wertberichtigung auf seine Kredite machen – das alles kostet viel Geld.

Der grundlegende Fehler wurde vor 20 Jahren gemacht, nämlich mit der Finanzierungsstruktur. Dann kamen weitere Fehler hinzu. Diese Fehler holen den Arzt nun ein und er sitzt in der Falle. Ob er da raus kommt und wieviel Federn er dabei lassen muss, hängt von seiner aktiven Mitarbeit, seiner Entscheidungsfreudigkeit, seinem Steuerberater/Anwalt und dem guten Willen seiner Bank ab. Und manchmals reicht auch das nicht, selbst bei gutem Willen seiner Bank – und das trifft dann nicht nur ihn und sein von ihm abhängiges Personal, sondern vor allem auch seine Ehefrau, seine Kinder und sein soziales Umfeld.

Wenn Sie ein erfolgreicher Arzt bleiben wollen, überprüfen Sie Ihre aktuelle Finanzierungssituation und holen Sie sich Hilfe dazu von Ihrem Steuerberater. Seien Sie proaktiv und kommen Sie dann zügig mit einem guten Konzept auf Ihre Bank zu.

* Name geändert