Arzt 4.0 – Die Elektronische Gesundheitskarte „grandios gescheitert“?

Arzt 4.0 – Die Elektronische Gesundheitskarte „grandios gescheitert“?

Die SZ-Online hat am 06.08.2017 einen kurzen aber guten Artikel mit dem Titel „Elektronische Gesundheitskarte offenbar vor dem Aus“ herausgebracht. Sie stellt zu Recht dar, dass nach 11 Jahren „Einführungsphase“ und Investitionskosten von bisher rd. € 1,7 Mrd. von den einst versprochenen sinnvollen Funktionen bislang nur wenig realisiert wurde und Ärzteverbände und Kassen das Projekt anscheinend als gescheitert ansehen. Angeblich gäbe es Überlegungen in der Bundesregierung die E-Card nach der Bundestagswahl für gescheitert zu erklären. Die Welt von „Arzt 4.0“ sähe aber anders aus.

Die deutschen Versäumnisse:

Das ist mehr als schade, denn eigentlich sollte jeder Versicherte auf seiner Karte, Diagnosen, Arztbriefe, Röntgenbilder und Rezepte speichern können und so quasi eine elektronische Patientenakte bei sich tragen. Eine Errungenschaft die den Patienten Leben retten und unserem Gesundheitssystem hohe Kosteneinsparungen verschaffen könnte. Aber wir haben eben drei wesentliche Voraussetzungen nicht geschaffen: Wir haben es in unserem Lande versäumt, uns rechtzeitig und endgültig auf die inhaltlichen Anforderungen und Spezifikationen der Karte zu einigen sowie eine einheitliche digitale Infrastruktur mit klaren IT-Anforderungen zu schaffen – und wir haben es versäumt, für hohe Akzeptanz bei den Patienten zu sorgen.

Stattdessen sind die technischen Anforderungen in der langen Einführungsphase mehr als 150 Mal geändert worden und die Technik ist auch schon wieder veraltet, eine flächendeckende Infrastruktur gibt es nicht – nicht einmal im Pilotraum – und 50% der Patienten halten die Karte für unser und würde keine Daten darauf speichern. Eigentlich wäre das das `AUS´ der E-Card.

Es ist doch noch nicht aller Tage Abend:

Am 08.08.2017 nun kündigt die SZ den 2. SK-Kongress: Digital Health – Gesundheit neu denken an, welcher am 26. und 27. September 2017 stattfinden wird. Er richtet sich v. a. an IKT-Anbieter, Software- und App-Entwickler, Krankenkassen, Medizintechnikunternehmen, Kliniken und Beratungsunternehmen für das Gesundheitswesen. Aus den Themenschwerpunkten lässt sich erkennen, dass hier versucht werden soll – quasi ohne die staatliche (Fehl-)Steuerung – am Ende möglichst doch noch zu einem funktionierenden System zu kommen. Neben der Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens im E-Health-Gesetz sowie Fortschritten bei der E-Medikation (E-Akte, E-Rezept und Telemedizin) geht es vor allem um die Voraussetzungen dafür, wie eine einheitliche technische Lösung entwickelt werden kann.

Dabei soll diskutiert werden, wie aus den bestehenden Insellösungen, die Ärztenetze und andere Beteiligte im Gesundheitswesen bereits selbst geschaffen haben, eine Gesamtlösung geschaffen werden kann – ein Stichwort dabei ist die sog. „Interoperabilität“, also die Ermöglichung des Datenaustausches zwischen diesen Systemen. Außerdem wird es um die Schaffung von Nutzen gehen, hinsichtlich von Big Data-Auswertungen für Forschung und Versorgung und auch um den Praxistest von Fernbehandlungen in der Telemedizin.

Und was sagt die Politik dazu?

Wer sich noch erinnert, in meinem Blogbeitrag vom Mai hatte ich hier schon die gesamte Problemstellung deutlich skizziert und dazu auch aus dem 12-Punkte-Programm der CDU zitiert. Gestern erreichte mich ein Mail des Bundesvorsitzenden der FDP, Christian Lindner, mit dem Hinweis auf eine schon existierende offizielle Stellungnahme seiner Partei zu diesen Themen: Auch die Freien Demokraten sind „für den weiteren Ausbau digitaler Gesundheitsdienstleistungen und für verbesserte Rahmenbedingungen für eine sichere Digitalisierung des Gesundheitssystems“. Das Gesundheitssystem in Deutschland soll danach „effizienter, schneller und sicherer“ werden, wobei die FDP betont, dass sie sich dafür einsetzen wird, dass der jeweilige Bürger/In durch „eine dezentrale Speicherung“ auf freiwilliger Basis im Notfall einen „schnellen Zugriff auf diese Daten hat, soweit diese Daten von ihm/ihr gepflegt werden und dies von ihm/ihr gewünscht ist!“ „Der Staat muss stets die Hoheit des Einzelnen über seine Daten gewähren“ sowie auch „den Schutz seiner Daten.“ Vielleicht ließe sich die hohe Zahl von rd. 50% durch die Digitalisierung ihres Gesundheitssystems verunsicherter Patienten auf diese Weise doch noch deutlich reduzieren.

Es gibt sie – trotz aller „Abgesänge“ – also doch noch – die ermutigenden Ansätze – bleiben wir also gespannt.